Auf DailyDeal läuft gerade noch für einige Stunden eine Aktion, die für mich doch einige Fragen aufwirft. Für 9 € (in Worten: neun Euro) erhält man in einem Kölner Fotostudio:
- ein 60-minütiges Fotoshooting (inkl. Getränke)
- 1 Abzug in 20×30 cm
- 1 bearbeitete Bilddatei auf CD
Normalpreis sind 125 Euro. Jetzt mal im Ernst: 9 Euro!? Laut DailyDeal wurden von dem Coupon aktuell 43 Stück verkauft. Das heißt, sobald der „Deal“ zu Ende ist, werden 43 Leute im Studio anrufen und einen Termin vereinbaren (allein das kostet schon Zeit). Dann wird das Studio 43 Mal für mindestens eine Stunde blockiert sein. Danach müssen ich-weiß-gar-nicht-viele Bilder gesichtet und mindestens 43 Stück bearbeitet und auf CD gebrannt werden. Wenn man Glück hat, bekommt man von dem Gutschein-Anbieter 50%, hier also 4,50 EUR pro Coupon. Bei 43 verkauften Gutscheinen sind das nicht einmal 200 Euro. Dafür müssen aber bei grob geschätzt 2,5 Stunden Aufwand pro Kunde insgesamt mehr als 13 volle Arbeitstage investiert werden! Quasi ohne jede Bezahlung. Ich bin wirklich kein Profi, aber wie soll das gehen?

Screenshot von DailyDeal
In Wirklichkeit muss natürlich noch deutlich mehr als der reine Zeitaufwand betrachtet werden. Mitkalkuliert werden müssen mindestens noch die Studiomiete,das Foto-Equipment und vor allem: die Ausbildung, jahrelange Erfahrung, das Können, und der eigene Stil. Gerade letzteres wurde in der Regel unter Einsatz von viel Zeit und Geld über Jahre gewonnen. Warum sollte man das für 9 Euro verramschen? Wer sollte diese Dienstleistung dann noch ernst nehmen?
Der Gedanke hinter Coupons wie auf Groupon oder DailyDeal ist natürlich klar und auch nicht einmal verkehrt: da vor allem kleineren Betrieben häufig das Budget für Werbung und Marketing fehlt, bieten Gutscheine eine interessante Möglichkeit, die Werbung einfach durch die eigene Arbeitskraft zu „bezahlen“. Immer in der Hoffnung, dass hierdurch interessierte Internet-Nutzer erst zu Neukunden und dann zu Stammkunden werden. Das Problem ist nur: das mag bei einem Friseur noch funktionieren, doch wer wird schon „Stammkunde“ bei einem Fotostudio? Die weitaus größte Anzahl an Kunden macht so ein Fotoshooting doch nur ein Mal im Leben. Die zweite Hoffnung der Gutscheinanbieter: durch positive Mundpropaganda erfahren weitere potentielle Kunden von ihrem Laden. Auch das dürfte aber hier kaum funktionieren. Wenn die 43 Gutschein-Kunden durch Empfehlungen für 2 bis 3 weitere Neukunden sorgen, wäre das schon viel. Und selbst das wäre nicht annähernd genug, um die Kosten zu decken, die durch das Verschenken der eigenen Dienstleistung entstanden sind. Schließlich rechnet das Fotostudio selber ja bei 43 Kunden mit über 5.000 Euro Umsatz.
Schon die Website des Fotostudios („Willkommen auf Unsere Homepage“) lässt, wenn man ehrlich ist, einige Zweifel an der Qualität aufkommen und legt nicht zuletzt die Vermutung nahe: ein solcher „Deal“ ist vielleicht am Ende für beide Seiten kein Gewinn.
Gute Frage. Ob sich das lohnt darf wohl bezweifelt werden, aber wie Du schon andeutest, ob das ein sinnvoller Deal ist? Mal abgesehen von der Webseite und den dort vorhandenen Rechtschreibfehler, auch bei den Beispielbildern habe ich nicht den Eindruck, das Fotostudio könne mit Blitztechnik umgehen.
Denkfehler 1: „Dann wird das Studio 43 Mal für mindestens eine Stunde blockiert sein.“
– Du glaubst doch nicht im Ernst, das ein Standard-Shooting in einem solchen Studio 1 Stunde dauert? Auch bei „Normalpreisen“ wird solche Zeit i.d.R. nicht veranschlagt.
Denkfehler 2: „die Ausbildung, jahrelange Erfahrung, das Können, und der eigene Stil“
– In vielen Studioketten werden junge Leute ausgebeutet, die meist grade mal 2h Einweisung in Kamera und Bltz bekommen haben. Ausbildung ist da keine Voraussetzung, Können und eigener Stil sind gar nicht gewünscht! (Ich spreche da aus WISSEN, nicht aus Spekulation!) Standard-Licht, Standard-Posen, Standard-Bilder. Das ist es, was in der Regel verkauft wird. Kein Wunder, dass kaum noch jemand freiwillig ins Fotostudio geht. Warum? Weil solche Preise den Markt kaputt machen und Fotografen nicht unendlich flexibel darauf reagieren können, sondern die Leistung reduzieren MÜSSEN. Bis auf’s Minimum, also minimaler Zeit- und Arbeitsaufwand.
Denkfehler 3: „Immer in der Hoffnung, dass hierdurch interessierte Internet-Nutzer erst zu Neukunden und dann zu Stammkunden werden.“
– FALSCH! In der Regel geht es hier nicht um Kundenbindung oder -gewinnung, sondern um -ausbeutung. Ziel ist es, den Kunden eben NICHT für 9 Euro gehen zu lassen (oftmals sind schon die Angebote schwammig oder unvollständig formuliert). Da gibt es dann das Bild z.B. nur mit großem Logo. Ohne Logo kostet Aufpreis. Jedes weitere Foto, dass dem Kunden natürlich wärmstens empfohlen wird, kostet saftig extra. Oder eine Verlängerung für x Euro. Oder, oder, oder. Die Aufpreisliste ist in solchen Studios oft sehr lang und kreativ. Das ausgeschriebene Angebot ebenso – zum Nachteil des Kunden.
Na toll, sämtlich Formatierung ist weg. :-/
Sehr unschöne Kommentarfunktion.
Sorry für das Layout-Problem! Wir arbeiten dran.
Ansonsten hast du natürlich Recht. Ich unterstellte noch eine gewisse Ernsthaftigkeit des Fotostudios. Wenn einem Studio aber Qualität, Service und Kundenbindung egal sind, sieht es natürlich anders aus. Dann könnte sich auch ein solcher Gutschein für sie „lohnen“. Wobei ich grundsätzlich glaube, dass eine Dienstleistung, die auf Ausbeutung und Abzocke basiert, nicht nachhaltig funktionieren wird. Das funktioniert halt pro Person in der Regel nur ein Mal. Und wie du schon sagst: langfristig macht es den Markt kaputt.
Aber das ist der Grund, warum ich auch Kunden für Portraitshootings bekomme. Sie lassen sich für 20 Euro „fotografieren“, kriegen langweiliges Licht und keine persönliche Behandlung und also auch maximal durchschnittliche Bilder.
Vielen reicht das.
Die, denen das nicht reicht, suchen und finden dann manchmal mich. Von denen kommt dann auch kein „120 Euro für ein paar Bewerbungsfotos?“ mehr, weil sie wissen, dass man das für nen Zwanziger einfach nicht vernünftig machen kann.
Aber es hat sich ja auch inzwischen gezeigt, dass dieser ganze Groupon Quatsch gerade für solche Unternehmungen wie Fotografen totaler Blödsinn ist. Du hast nur die Schnäppchenjäger, die nie wiederkommen. Kann man sich aber auch vorher schon ausmalen. Wer’s macht, ist meiner Meinung nach, selbst Schuld.
Qualität setzt sich langfristig durch.
M.